Geschichte der Stadt Cochem

Mosaik in Cochem

"Zu Cond im Gartenschatten eines alten vornehmen Winzerhauses oder in der Dichterklause der Brixiade muss man sitzen, den glückseligen Einundzwanziger im Pokal. Dann hat man Cochem in ganzer behaglicher Breite vor Augen: Moselfront, Martinskirche und Kapuzinerkloster, drüben das Peterskirchlein malerisch am Berg und über allem das Schloss – strahlend, neuerstanden. Und im Hintergrunde der wilden Endert, düster, zerborsten, die Winneburg. Zwar das „Cocheim“ des Städtebuches von Braun und Hogenberg (1576) ist es nicht. Da stand die Winneburg noch stolz und aufrecht, da ragte die Martinskirche hoch mit spitzem gothischem Turm. Da schlang sich ums friedsame Städtchen mit Toren und Türmen die zinnenbewehrte Mauer. Über allem aber thronte mit Bergfried und Pallas, Stallungen und Scheunen, Erkern und Türmchen, das kurfürstliche Schloss." …

So beginnt Ludwig Mathar seine geschichtlichen Betrachtungen über Stadt und Burg Cochem. Die erste Nachricht von Cochem, dessen Geschichte in keltischer, römischer und frühmittelalterlicher Zeit sich im Dunkeln verliert, gibt eine Urkunde der Abtei Prüm vom 20.XII.866. Die edle Matrone Hieldilda schenkt darin dem Kloster eine Reihe von Gütern, darunter ein Herrenhaus „in villa cuchema“. Hier auf der festen Burg halten die rheinischen Pfalzgrafen, die Ezzonen, bis 1151 Hof. Einer von ihnen, Ehrenfried, der Schwager Kaiser Ottos, ist wohl auch ihr Erbauer. Richeza, seine Tochter, heiratete den Polenkönig Miseco, kehrte aber nach dessen Tod, von den Polen vertrieben, an die Mosel zurück. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie abwechselnd auf den Burgen Cochem und Coraidelstein zu Klotten. Eine wenig rühmliche Rolle spielte Pfalzgraf Hermann von Salm und Luxemburg, der im Investiturstreit als Gegenkönig gegen Kaiser Heinrich IV. aufgestellt wurde. Er unterlag 1085 dem Kaiser, zog dann abenteuernd moselauf- und –abwärts, bis er 1088 vor seiner eigenen Burg Cochem fiel. Große Achtung scheint er nicht gefunden zu haben, wie sein Spitzname „Knoblauchskönig“ zeigt. Den Streitigkeiten der Rheinecker und Stahlecker vom Rhein um die Pfalzgrafenwürde setzte der Hohenstaufe Konrad III. 1151 ein Ende, als er von Boppard kommend die Burg Cochem überrumpelte und als Reichslehen einzog.

Altes Stadttor

Bis 1224 war Cochem nun Reichsgut und königliche Zollstätte. Auf der Burg geboten Reichsburggrafen aus dem Geschlecht derer zu Klotten, die gelegentlich wohl auch zu Raubrittern wurden. 1282 musste Rudolf von Habsburg jedenfalls die Burg belagern und Burggraf Cuno wegen seiner Überfälle zur Rechenschaft ziehen. Im „Burgfrieden“ unterhalb der Burg und auch in der „Herrenstraße“ wohnten die Unterministerialen, meist adlige Burgmannen, die dem Burggrafen verpflichtet waren, jedoch Freiheit von allen städtischen Lasten und Frohnden genossen. Das „Cochemer Reich“, ein weites Gebiet, das außer den späteren Ämtern Cochem, Kaisersesch und Mayen, das „Cröver Reich“, Springiersbach und den Kondelwald umfasste, schob sich wie eine Barriere zwischen die beiden Teile des Erzbistums Trier, das Nieder- und Oberstift. Dem Streben der Trierer Erzbischöfe nach Arrondierung ihres Gebietes kam 1294 König Adolf von Nassau in seiner Geldnot entgegen, indem er Erzbischof Boemund I. Cochem verpfändete. Es wurde nie wieder eingelöst und gehörte bis 1794 zum Kurtrierischen Territorium. Damit begann für Burg, Stadt und das neu eingerichtete Amt Cochem eine glückliche Zeit. „Unter dem Krummstab lässt´s sich gut leben“, hieß es nicht ohne Grund. Erzbischof Balduin (1307-1354), der Bruder Kaiser Heinrichs VII. von Luxemburg, baute die Burg weiter aus. Der Moselweg wird erweitert, die feste Kemplon errichtet. Cochem erhält 1332 Stadtrechte und wird befestigt. Vornehme Geschlechter, wie die von Dietz an der Lahn, von Ulmen, Bürresheim, Arras und Monreal sind stolz darauf, zur Burgschaft zu zählen. Die Winneburger, deren Feste im Enderttal wohl seit 1200 besteht, und später die Metternicher, üben auf den Markt zu Cochem stadtherrlich das Samstagsgericht. Die Herren des Kurstaates sind oft und gerne hier zu Gast. Erzbischof Richard zu Greiffenklau zieht 1512 mit seinem Gaste, Kaiser Maximilian I. in feierlicher Prozession zur Stadt und zur Martinskirche.

Aber auch von Unglückszeiten bleibt Cochem nicht verschont. An die Pestjahre 1423-1425 erinnert heute noch das Peterskapellchen unter der Burg.
Verwüstungen und Räuberbanden, wie die im Simplizissimus erwähnte Moselbande, hinterlassen während des 30jährigen Krieges ihre Spuren. Das Allerschlimmste aber brachten die Jahre 1688 und 1689. Ludwig des XIV. Festungsbaumeister Vauban hatte 1687 die Zwingfeste Montroyal bei Traben-Trarbach erbaut. Von hier drangsalierten die Franzosen mit „vi et metu“ mit Gewalt und Schrecken das Moseltal. Immer wieder reisen Schöffen und Stadtschreiber nach Montroyal, um Milderung zu erwirken. Im Mai 1689 wird Schloß Winneburg „ahn den Himmel gehänkt und jämmerlich verbrannt, ein Spectacul grausam in der Nacht ahnzusehen“, zwei Tage später Schloß Cochem vom gleichen Königsleutnant du Saxis "bei hellem Sonnenschein dem Vulcano geopfert". Als Kaiserliche und Kurtrierer die Stadt wieder besetzt haben, entschließen sich die Franzosen zum Gegenangriff. Am 25. August nehmen sie die Stadt im Sturm, machen die schwache Besatzung und einen großen Teil der Bevölkerung nieder und stecken Stadt und Kapuzinerkloster, die letzte Zuflucht der Verteidiger, in Brand. Die Stadt ist verarmt und verödet. Nur langsam beginnt der Wiederaufbau, zum Teil aus dem Material der geschleiften Festung Montroyal. Erst 1733 wird der Turm der Pfarrkirche vollendet.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts wird Cochem immer mehr zu einem Zentrum des Handwerks und des Handels. Mit Waren und Reisenden voll beladen, geht das Marktschiff jede Woche nach Koblenz. Zur Frankfurter Messe rüsten die Cochemer ein Schiff und verkaufen Ellen- und Spezereiwaren, Eisengeräte, Holz und Lohe, festes und feines Cochemer Tuch. Groß ist die Zahl der Gasthöfe, deren Schilder nachbarlich von Giebel zu Giebel grüßen, der Bär den Ochsen, der Schwan den Löwen, der hl. Geist die Sonne. Der Doppeladler, der deutsche Kaiser, der römische König und der Kölnische Hof sind, meist am Moselufer gelegen, vornehme Absteigequartiere für die Herren. Ein Reiseschriftsteller wundert sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts darüber, dass Cochem „ebenso viele Wein- und Bierschenken als Breslau, die zweite Stadt im preußischen Staate, eine Stadt mit mehr als 90.000 Einwohnern“ hat.

1796 besetzen die französischen Revolutionstruppen Cochem, das schließlich ebenso wie das gesamte Rheintal zu Frankreich kommt. Truppendurchmärsche, Kontributionen und Einquartierungen rufen Teuerung und Not hervor. So erklärt sich das Räuberbandeunwesen. Die Felzerbande unter dem Cochemer Nicolay, der Schinderhannes, Tuchhannes und Grundbirn-Klos streifen im Moseltal, in der Eifel und vor allem im Hunsrück umher. Durch die Vereinbarungen des Wiener Kongresses fiel Cochem 1815 endgültig an das Königreich Preußen und wurde 1816 Verwaltungssitz des neu geschaffenen Kreises. Die tollen Jahre 1848/49 erzeugten ein lustiges Cochemer Demokratentum. Große Reden wurden in der "Sonne" und "Auf dem Zollhaus" (heute Union) gehalten. Noch heute singen die Cochemer beim Karneval "Dat wor dat Johr, wo et janz Johr Fassenacht wor".

Die zerstörte Reichsburg wurde 1869 bis 1877 durch den Berliner Geheimrat Ravené nach alten Plänen aus dem Jahr 1576 wieder aufgebaut und ist seit 1942 staatliches Eigentum. Die Wiedererrichtung fiel mit der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Tunnels zusammen, der die Moselstrecke des „Cochemer Krampens“ von 21 km auf 4,2 km verkürzt und einer der längsten Tunnel der Bundesrepublik ist. Ab April 1978 gehört die Burg den Bürgern der Stadt Cochem. Die beiden Fischerorte Cond und Sehl hatten eine eigene Entwicklung, wobei Cond lange Zeit zum Territorium der Reichsabtei Stablo-Malmedy gehörte. Erst nach Errichtung der Moselbrücke in Cochem im Jahre 1927 wurden beide Orte im Zuge einer Verwaltungsreform 1932 eingemeindet.

Die Stationierung eines Jagdbombergeschwaders in der Nähe von Cochem führte 1956 zum Ausbau des Ortsteiles Cochem-Brauheck.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen, voll romantischer Begeisterung, die ersten Touristen an die Mosel. Vor allem englische Maler waren die Schrittmacher, die die Schönheiten des Moseltals zeichnerisch und malerisch darstellten. Die Entwicklung Cochems zum ersten Fremdenverkehrsort an der Mosel setzte dann in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein.